Die Angst vor Veränderung – ein Korsett, das wir ablegen müssen

„Die einzige Konstante im Universum ist die Veränderung“, schrieb Heraklit. Und doch, trotz dieser Wahrheit, die seit Jahrtausenden bekannt ist, sträuben wir uns oft gegen Veränderungen. Es scheint fast, als ob wir in einem Korsett der Angst gefangen sind, das uns davon abhält, das Neue zu umarmen und uns weiterzuentwickeln. Doch heutzutage bleiben wir, ohne Veränderung oder Anpassung daran, schnell auf der Strecke. Was können wir also gegen dieses Korsett tun?

Veränderung und die Angst vor dem Unbekannten

Wir Menschen leben in einem ständigen Widerspruch: Einerseits streben wir nach Veränderungen, besonders wenn wir uns dadurch Verbesserungen erhoffen. Andererseits fällt es uns schwer, Altbewährtes loszulassen. Diese Dualität prägt unseren Alltag und unsere Arbeitswelt. Wer kennt es nicht? Wir bevorzugen unser gewohntes Umfeld, frequentieren dieselben Geschäfte, arbeiten mit vertrauten Partnern und verbringen unseren Urlaub an den gleichen Orten. Der Satz „Der Mensch ist ein Gewohnheitstier“ trifft wohl auf die meisten von uns zu.

Denn Veränderung verbinden wir oft mit etwas Neuem und Unbekanntem – Herausforderungen, die uns aus unserer Komfortzone reißen und die Befürchtung des Kontrollverlusts auslösen. Diese negativen Assoziationen überwiegen meist. Nur wenige Menschen sehen in Veränderungen Chancen, Verbesserungen, neue Möglichkeiten, Weiterentwicklung und persönliches Wachstum. Besonders stark verankert in uns ist die Angst, den Arbeitsplatz zu verlieren. Macht auch Sinn, denn der Arbeitsplatz stellt für viele Menschen die Lebensgrundlage dar. Ohne Einkommen droht der Verlust von Status, Umfeld und die Angst, die Familie nicht mehr ernähren zu können. Dies symbolisiert in unserer Gesellschaft persönliches Versagen.

Das bewusste Spiel mit der Angst

Erschreckend ist, wie bewusst diese Angst von Unternehmen eingesetzt wird. Droht eine Krise, ist die erste Reaktion vieler Firmen, die Angst der Mitarbeitenden um ihren Arbeitsplatz zu schüren. Oft wird als erste und manchmal einzige große Maßnahme zur Krisenbewältigung die Reduzierung der Personalkosten kommuniziert. Eine Studie von LinkedIn zeigt, dass drei Viertel der deutschen Unternehmen angesichts der Krisenzeiten ihre Mitarbeiter-Benefits gekürzt haben oder dies planen. Die Studie ergab folgendes: Obwohl knapp 3/4 der befragten Führungskräfte in Deutschland (73 %) befürchten, dass sich Einsparungen negativ auf die Motivation der Mitarbeitenden auswirken könnten, scheinen ihre Prioritäten festzustehen – nicht zum Vorteil der Arbeitnehmenden.

Ein gesunder Umgang mit Veränderung

Die Angst vor Veränderungen ist eine natürliche und in gewisser Weise auch gesunde Reaktion – doch wäre unsere Spezies längst ausgestorben, wenn wir dieser Angst immer nachgegeben hätten. Wahrscheinlich würden wir noch auf Bäumen sitzen, falls wir es überhaupt aus dem Wasser geschafft hätten. Erinnern wir uns an die Zeit der Einführung des ersten Computers am Arbeitsplatz unserer Eltern zurück. Obwohl der Großteil sich vielleicht nicht unbedingt dagegen wehrte, war der Gedanke, einen Computer im Büro zu nutzen, zunächst befremdlich. Mein Vater sagte damals zum Beispiel: „Den kannst du ganz nach hinten stellen, den werde ich eh nicht benutzen.“ Doch er stellte sich der Veränderung und erkannte die Chancen, die sich daraus ergaben. Und jetzt schauen Sie, wie wenig wir heute noch im Arbeitsalltag ganz ohne Computer erledigen.

Die Rolle der Führungskräfte

Auch ich habe mich nicht immer sofort wohl gefühlt mit selbst ‚erzwungenen‘ Veränderungen, sehe jedoch in jeder Veränderung eine Chance. Meist wird es besser als zuvor. Und wenn nicht, dann muss eben eine weitere Veränderung her. Als Führungskräfte und Chefs ist es unsere Aufgabe, unseren Mitarbeitenden die dafür nötige Sicherheit zu geben. Wir müssen uns bewusst sein, dass die Ängste bei ihnen noch viel ausgeprägter sind. Wir müssen erklären, was wir planen und warum – was wir uns davon versprechen und welche Chancen darin liegen. In vielen Fällen heißen Mitarbeitende Veränderungen auch willkommen. Doch sobald es um die Umsetzung oder gar um die Übernahme von Verantwortung geht, sinkt die Bereitschaft rapide. Diese Beobachtung zeigt, dass es nicht nur um die Akzeptanz von Veränderungen geht, sondern auch um die Bereitschaft, sie aktiv mitzugestalten und Verantwortung zu übernehmen. Besteht dabei Klarheit über den Plan und das Vorgehen, ist diese Bereitschaft gleich viel höher. Es liegt an uns, dieses Bewusstsein zu schaffen und unseren Teams die nötige Unterstützung und Sicherheit zu bieten.

Zusammengefasst: Veränderungen sind unvermeidlich und notwendig für Wachstum und Fortschritt. Es ist an der Zeit, das Korsett der Angst davor abzulegen und die Chancen, die sich uns dadurch bieten, zu erkennen und zu nutzen. Lassen Sie uns gemeinsam die Herausforderungen annehmen und die Zukunft aktiv gestalten. Veränderungen mögen beängstigend sein, aber sie sind auch der Schlüssel zu einer besseren und erfolgreicheren Zukunft.